Liebe Leser,

wie jeden Dienstag habe ich heute im Finanzteil der FAZ die von mir stets geschätzte Kolumne von Volker Looman gelesen, der es in meinen Augen wie kaum ein anderer schafft, die (bei mir) manchmal hektisch werdenden Synapsen im Gehirn beim Thema Geld zu beruhigen, selbst wenn es unter der Woche am Finanzmarkt blitzt und donnert oder ich plötzlich 3 Millionen Euro erben würde.

Heute, unter dem Titel „Mein Geld, dein Geld, unser Geld“ war darin allerdings der Aufhänger, dass Männer und Frauen erstmal nicht zusammenpassen. Die alltäglichen „Streitereien“ beim Thema Geld reichen vom Sparen für Notzeiten versus Geld ausgeben und Leben genießen, bis hin zum Wunsch eines Sportwagens (Er) oder eines Elektroautos (Sie).

Die Lösung eines solchen Problems erfolgte im Artikel durch Looman am Beispiel eines Paares, in welchem der Ingenieur 26 Jahre alt ist und die Designerin 24 Jahre jung. Beide verdienen eine Kleinigkeit und wohnen zusammen in einer 80m² Wohnung. Es gibt demnach getrennte Einkommen, eigene Interessen, gemeinsame Verpflichtungen, usw. – kurz: wie behält man die zwischenmenschliche Harmonie bei gleichzeitigem finanziellem Konsens.

So weit so gut.

Nun stellte sich mir nach der Lektüre allerdings die Frage, wie häufig diese Probleme auch bei uns Bibliophilen zutage treten (könnten). Anne Fadiman geht in ihrem kleinen Essayband „Ex libris. Bekenntnisse einer Bibliomanin“ zwar bereits auf durchaus wichtige Fragen ein: „Was tun, wenn man jemanden heiratet, der genauso verrückt nach Büchern ist wie man selbst? Die beiden Bibliotheken zusammenführen und die doppelten Madame Bovary aussortieren? Wenn ja – meine oder seine?“

„Schatz, es ist aus! Ich habe unsere Sammlung mit Einbänden von Ignatz Wiemeler verkauft und fahre mit meinem Teil des Geldes zurück zu meinem Vater.“

Allerdings wäre das sicherlich nur ein kleineres Problem.

Denn bleiben wir noch einmal bei den oben genannten jungen Leuten von 26 und 24 Jahren (jaja, ich weiß, als ob solche jungen Leute heutzutage tatsächlich keine anderen Zukunftsvisionen haben, als gemeinsam eine Bibliothek aufzubauen, haha…. Aber, bitte, nehmen wir es doch nur mal an!).

Die optimalen Bedingungen wären natürlich Er sammelte Pressendrucke und Sie moderne amerikanische Literatur in Erstausgaben. Hier wären gleiche Interessen fatal!

Denn was wäre, wenn sich ein inkunabelbegeistertes Paar auf einer Auktion während eines Bietergefechts um ein Exemplar des Mainzer Psalter kennengelernt hätte? Nein, nicht in der Pause, um sich im Gespräch als Zeugen über die zwei eben gesehenen Sturköpfe lustig zu machen, sondern selbst als eben diese beiden Bieter bei der anschließenden Gratulation an den Sieger oder die Siegerin.

Irgendwann wird es der anderen Seite dämmern, dass die anfängliche Freude ziemlich schnell in Neid umschlagen wird. Frauen und Männer gibt es ja viele – aber ein Mainzer Psalter in diesem Zustand? Und in vier Wochen ist eine Auktion mit Sebastian Brants Narrenschiff – müsste man nun tatsächlich zu einer Intrige greifen und, ausgerechnet an jenem Tag, den morgendlichen Kaffee rein zufällig einmal „anders“ zubereiten?

Denn die oben gestellte Frage ob der Häufigkeit eines solchen Problems ist ja leider unvollständig. Es fehlt noch folgender Zusatz: Wie sieht hier die Lösung aus?

Wenn mich im Laden verzweifelte Kunden diesbezüglich ansprechen würden, wüsste ich ehrlich gesagt auch nicht, zu was ich raten könnte. Eine rationale Entscheidung, wie das beim Geld möglich ist, gibt es wohl leider nicht, oder doch?

Ich müsste mich wohl selbst im Bekannten- und Kollegenkreis umhören, und ich würde auf folgende Reaktionen besonders gefasst sein: „Überhaupt, wer ist heutzutage schon 26 und 24, hat gemeinsame bibliophile Interessen und baut sich auch noch gemeinsam eine Bibliothek auf? Hahaha…ja, in der Tat, eine gute Geschichte!“

Sebastian Eichenberg