Wichtige französische Buchbinder:

 

Hier sind einige der wichtigsten französischen Buchbinder aufgeführt, deren Werke bei uns erworben werden können – bzw. einmal erworben werden konnten (aber für die Zukunft immer wieder gerne gesammelt werden)! Die Liste wird unregelmäßig erweitert und soll lediglich der Information und der Transparenz dienen – und, ja, gerne als Tribut an diese großartigen französischen Einbandkünstler.

 

Josephe Canape (um 1830/1865-1894)
Georges Canape (1864/1894-1940)
A. Corriez (um 1905/1927-1937)

Vgl. Fléty p. 37/38, Devauchelle III 246, Devaux p. 351, Duncan-Bartha p. 188, 61 ffm. Abb. 64/65, 68-70 u. 66/67 (für Canape-Corriez) und Crauzat I p. 61, 62, und 63 mit etwa 45 Tafeln in I u. II, davon die Tafeln 288, 290, u. 387 in Vol II für Canape et Corriez. –

Gründer des Ateliers ist Josephe Canape, und zwar ab 1865 à Paris 62 rue du Bac. „Il était spécialisé dans la reliure de livres liturgiques…“ (Fléty aaO). Nachfolger – ab 1894 – war der Sohn Georges. “Il pratiqua la reliure de luxe“ (Fléty aaO), überwiegend nach fremden Entwürfen (J.Chadel, M. Denis, R. Bonfils, P. Jouve, P. Legrain, Fr. L. Schmied et A. Giraldon). „Wie viele seiner Zeitgenossen übernahm er bald eine gemäßigte Variante der Art Nouveau-Aestetik“ (Duncan-Bartha). A. Corriez, äußerst talentiert und preisgekrönter Absolvent der Ecole Estienne, wurde 1927 Partner von G. Canape. Seit dieser Zeit firmiert man mit ‚Canape et Corriez‘, die Einbände werden entsprechend gestempelt. Bis zu Corriez‘ plötzlichem Tod im Jahr 1937 war Canape ebenso noch im Atelier tätig. Die anschließende Versteigerung der kostbaren Bibliothek fand im Hôtel Drouot statt, das Atelier wurde geteilt: Die Buchbinderei übernahm René Esparon (Fléty, p. 68, gest. 1955) und die Vergolderabteilung ging an Henri Mercher (1912-1976, vgl. Fléty, p. 126 und Devauchelle III 273).

Victor Champs (1844-1912)

Vgl. Fléty p. 41, Devauchelle III 247 und Uzanne (1887) mit Einband-Abb. pl. 45, 47 u. 53. –

Victor Champs kam aus Meaux und machte sich 1868/69 in Paris selbständig, indem er das Atelier Reinsch übernahm (Fléty o. 151) und sich sehr rasch eines guten Rufes unter den Bibliophilen erfreute. Als er 1904 die Arbeit niederlegte, wurde sein Nachfolger Jean Stroobants (1856-1922, Fléty p- 164 und Devauchelle III 278), der – bis 1912 – ‚Champs-Stroobants‘ und danach ‚Stroobants-Sr. De Champs‘ signierte. Sein Stil war den klassischen Formen verpflichtet, die er mit Meisterschaft zu kopieren verstand. Darüberhinaus war er ein herausragender Ausbilder und Patron. Champs „reliures pour bibliophiles sont recherchées par les collectionneurs, pour la bonne tenue de leurs corps d’ouvrage et le fini du travail“ (Fléty aaO.).

 

Henri Creuzevault (1905-1971)

Fléty p. 49/50, Devauchelle III 252 m. Abb. 47, 83 u. p. 251, von Arnim, Europ. Einbandkunst (Sammlung Schäfer) p. 206 u. 212, jew. mit Abb., Duncan-Bartha p. 189 mit Abb. p. 78-83, Devaux p. 354 mit Abb., R. H. Lewis p. 94 mit Abb., Cat. Sens 1984 (Bibl. Forney) Nr. 25 mit Abb., Auct. Cat. Paris v. 18.10.1979 Nr 54, 60 u. 101, jeweils mit Abb. Und v. 11.5.1993 (Bibliothèque Henri M. Petiet, 4. Partie) Nr. 77 mit Farb-Abb. –

C. wollte zunächst Maler werden, trat aber dann nach kurzer Lehrzeit in den väterlichen Betrieb (Vater: Louis Lazare-Creuzevault, 1879-1956) und widmete sich Arbeiten an Mosaique-Einbänden. Als sein Bruder Louis-Claude (1912-1937) plötzlich verstarb, war er unmittelbar danach nur noch für die Buchbinderei da. „C’est la qu’il produisit ses reliures figurent à la Bibliothèque nationale” (Fléty aaO). 1937 eröffnete er einen eigenen Verlag, dem er 1956 noch eine Kunstgalerie anschloß. 1959 verabschiedete er sich endgültig vom Anfertigen kostbarer Bucheinbände.

 

Roger Devauchelle (1915-1993)

Vgl. Fléty p. 58, Devauchelle III 253 ff mit Abb. Taf. 70, 84 u. 85, Devaux p. 355 und Cat. Sens (Bibliothèque Forney) 1984 Nrn 67 ff mit Abb. 67. –

Bevor Devauchelle geboren wurde, war sein Vater bereits in den ersten Kriegstagen Oktober 1914 gefallen. Als er sich 1939 selbständig machen wollte, brach der II. Weltkrieg aus. Aus deutscher Kriegsgefangenschaft entflohen, gelang endlich 1946 in Paris die Gründung eines eigenen Ateliers. „Considéré comme un artisan de grand classe, il est Meilleur Ouvrier de France en reliure, en dorure sur cuir et en dorure sur tranches; il créa de nombreuses reliures …“ (Fléty aaO), wirkte äußerst erfolgreich an der Ècole Estienne und ist der Autor des international anerkannten 3-bändigen Standardwerkes ‚La Reliure en France‘ (Paris 1959-61), das vom Institut de France preisgekrönt wurde. Sein Sohn Alain (*1944) übernahm nach dem Tod den Betrieb – er selbst trat diesem bereits 1965 bei.

 

Flammarion – (Vaillant, Jean)

Fléty p. 71 und p. 171.

Der Verleger Flammarion etablierte 1909 in Paris – 7, rue des Canettes – ein Atelier für Handeinbände, dem Verlag angegliedert. Vorsteher dieser Werkstatt war der Einbandkünstler Jean Vaillant. 1956 wurde der Betrieb eingestellt. Signiert wurde ‚Flammarion‘ oder ‚Flammarion-Vaillant‘.

 

Michel Kieffer (1916-1991)

Vgl. Fléty p. 98, Devauchelle III 264 mit Abb. p. 265 und Tafel 71 und Duncan-Bartha p. 192. –

Michel Kieffer – aufgewachsen in der Welt der Bücher im Schatten des großen Vaters und Art-Deco Einbandkünstlers René Kieffer (1875-1964) – tritt 1935 in die väterliche Werkstatt ein. Er erhält auf der Brüssler Weltausstellung 1937 einen ‚grand prix‘ (für seinen ‚Cloisonné‘-Dekor, bei dem Edelsteine oder Glascabochons – streng angeordnet in Reihen – auf Saffianleder gefaßt und oft auch noch mit Goldfileten umrahmt wurden). 1939 wurde M. K. zum Militär einberufen, die 1945 mit der Befreiung aus deutscher Kriegsgefangenschaft und Rückkehr in den väterlichen Betrieb endet. Auf der Brüsseler Ausstellung von 1958 trägt er eine Goldmedaille davon und wird Nachfolger seines Vaters, der sich offiziell von der Buchbinderei verabschiedet. Seinem Antiquariat, dem er noch eine Kunstgalerie angliederte, widmet er die meiste Zeit. Gleichzeitig ist er Sekretär mehrerer bibliophiler Vereinigungen, wo sein fachkundiger Rat sehr geschätzt wird.
Solange sich Michel Kieffers‘ Vater noch nicht offiziell vom Betrieb verabschiedet hatte, durfte Michel übrigens seine eigenen Arbeiten nicht alleine signieren (also bis 1958) – die Stempel dieser Zeit tragen allesamt „René & Michel Kieffer“. Das alte Buchbinderschildchen lautete stets nur auf den Vater allein.

 

René Kieffer (1875-1964)

Fléty p. 98, Devauchelle III 264, 127 ff Tafell 28, Duncan-Bartha p. 192 mit Farb-Abb. Nr. 120-129 und Crauzat I und II (sein selbst verl. Handbuch) mit über 75 Abb. seiner eigenen Einbände aus der Zeit von 1900 bis 1925. –

In Paris geboren, ist er Teilnehmer des ersten Jahrgangs an der Ècole Estienne (Gründung am 20.11.1889). „À la sortie de l’Ècole Estienne il entra en qualité d’ouvrier doreur dans l’atelier Chambolle-Duru où il resta jusqu’en 1898“, in dem Jahr, wo er sich selbständig machte. Von jetzt ab nahm er regelmäßig an nationalen und internationalen Ausstellungen teil „où tout au long de sa vi eil remporta de brillants succès“. Der I. Weltkrieg unterbrach die Laufbahn. Nach Kriegsende nimmt er Kontakt mit Pierre Legrain auf, nachdem dessen Verhältnis zu Jacques Doucet brüchig wurde und Einband-Entwürfe auch für andere Buchliebhaber gefertigt wurden, die dann René Kieffer – dank seines ausgezeichneten handwerklichen Könnens – auszuführen hatte (in der Zeit von 1919-1923). Auf der Weltausstellung 1925 feierte er und die Art-Deco-Bewegung Triumphe. Nach dem I. Weltkrieg hatte er die Buchbinderei noch einen bibliophilen Verlag angegliedert., „prodession dan laquelle il tint également une place éminente“ (Fléty aaO), bis dass er sich 1958 endgültig zurückzog, um seinem Sohn Michel das Feld alleine zu überlassen.

 

Pierre Legrain (1889-1929)

Vgl. Fléty p. 109, Devauchelle 268, 149 ff mit Tafeln 38-41, Duncan-Bartha p. 193, 17 ff mit Farb-Taf. Nrn 136-150, von Arnim, Europäische Einbandkunst (Slg. Otto Schäfer) Nrn 203 und 204, jew. mit Farb-Abb. und Crauzat I 180 ff mit Tafeln 175-188 u. II 15 ff mit Tafeln 189-209 und 294. –

Legrain, der angesehene Designer mit viel Phantasie, beschäftigte sich ab 1916/17 auf Anregung des berühmten Pariser Sammlers Jacques Doucet mit dem Entwerfen von Bucheinbänden. Die Ausführung der Arbeiten überließ er allseits bekannten Einbandspezialisten – und das war zwischen 1919 (Trennung von J. Doucet) bis 1923 René Kieffer. Dieser einmaligen Zusammenarbeit zweier großer Künstler verdanken großartige Einbände ihre Entstehung. Sie sind im Werkverzeichnis Pierre Legrain, August Blaizot, Paris 1965, erfasst und gelten bis heute weiterhin als gesuchte Zimelien unter den modernen Einbänden.

 

Georg Trautz (1808-1879)
Antoine Bauzonnet (1795-1886)

Vgl. Fléty p. 19 u. 169, Devauchelle II 219, 251, 178 ff m. Abb. Nrn 61/62 und III 278, 49 ff und 117, Armin, Europäische Einbandkunst (Slg. Otto Schäfer) Nr. 189 m. Abb.

Bauzonnet kam 1818 nach Paris und begann bei Purgold (Fléty p. 148). Danach war er für kurze Zeit bei Simier (Fléty p. 162), kehrte dann aber wieder zu Purgold zurück (welcher plötzlich 1829 verstarb). 1830 heiratete er die Witwe Purgold. Sein herausragendes Können verschaffte ihm recht bald eine kapitalkräftige Klientel aus Aristokratie und Geldadel. Georg Trautz, gebürtig aus Pforzheim, kam 1830 nach Paris, begann 1833 als vergolder bei Bauzonnet und heiratete 1840 Alexandrine Purgold, die Stieftochter seines Patrons. Mit der Heirat wurde er auch gleichzeitig Partner im Atelier und man stempelte ‚Bauzonnet-Trautz‘. Als sich Bauzonnet 1851 aus dem Arbeitsleben zurückzog, wurde die Signatur umgekehrt: ‚Trautz-Bauzonnet‘. Beide Meister waren die ungekrönten Könige der französischen Buchbinder (auch preislich: sie nahmen das 10-fache der üblichen Einbinde-Taxen). Trautz’s  – ästhetisch und technisch – perfekte einbände waren nur wenigen Buchliebhabern wie Napoléon III, Baron Rothschild ua. erreichbar. „Le nom de Trautz prend une réputation fabuleuse … officiellement consacré ‘Grand-Pr^tre’ du pastiche …” (vgl. Devauchelle III, aaO). Trautz war der erste Einbandkünstler – und dazu kein gebürtiger Franzose – der 1869 von Napoléon III. zum Ritter der Ehrenlegion geschlagen wurde. Der ältere Bauzonnet überlebte den Schwiegersohn noch 7 Jahre.